Die Schriftstellerin Angela Krauß erhält den Sächsischen Literaturpreis 2024
Der Sächsische Literaturpreis 2024 geht an die Schriftstellerin Angela Krauß. Das hat die Jury entschieden, der die Journalistinnen Katrin Wenzel (Juryvorsitzende) und Karin Großmann, die Dichterin Jayne-Ann Igel, der Literaturkritiker und Autor Burkhard Müller sowie der ehemalige Direktor der Leipziger Buchmesse Oliver Zille angehören. Zur Begründung heißt es unter anderem:
„Schon mit ihrem Debüt „Das Vergnügen“ etablierte sich die Dichterin Angela Krauß als eine der außergewöhnlichen Stimmen ihrer Generation. Mit „Der Dienst“ zeichnete sie den Grundriss einer Kindheits- und Vaterwelt und stellt schon mit diesem Buch die Ur-Fragen: Wer bin ich? Woher komme ich? Was liegt noch vor mir? Für „Der Dienst“ wurde Angela Krauß 1988 der Ingeborg-Bachmann-Preis zuerkannt. Von Leipzig, von Sachsen aus, beginnt Angela Krauß in der Folge, die Welt zu erkunden, reiste mit der „Überfliegerin“ (1995) nach New York, um schließlich auf alte Bekannte aus Moskau zu treffen. Mit „Die Wiege“ (2015) kehrt sie zurück zu den Anfängen, zum Beginn des eigenen Daseins, um mit dem Band „Im Strom“ (2019) erneut im Hier und Jetzt die „Essenz der Dinge“ zu ergründen. Schließlich begibt sich Angela Krauß mit ihrem - vorerst - letzten Band: „Das Weltgebäude muss errichtet werden, man will ja irgendwo wohnen“ (2024) auf eine neuerliche Erkundungsreise und untersucht voller Esprit unsere Gegenwart mit den subversiven Mitteln der Poesie. Angela Krauß ist eine behutsame Erzählerin. Große Plots sind ihre Sache nicht. Dafür begibt sich ihr Erzählen auf die Suche - nach jenen Momenten, in denen das Ganze, das „Dahinter“ aufscheint. Dabei entsteht eine als ganz singulär anzusehende Literatur, die funkelndes Sprachvermögen und philosophische Reflexion miteinander verbindet.
Angela Krauß wurde 1950 in Chemnitz, geboren. Sie studierte 1976 bis 1979 am Literaturinstitut in Leipzig, wo sie seit 1980 als freie Schriftstellerin lebt und arbeitet. Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet. Sie ist Mitglied des PEN Deutschland, der Sächsischen Akademie der Künste, der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz sowie der Akademie der Künste Berlin.
Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch gratuliert mit den Worten: „Die Reihe der bisherigen Trägerinnen und Träger des Sächsischen Literaturpreises wirft ein Licht auf die große Qualität und Vielfalt der sächsischen Gegenwartsliteratur. In diesem Jahr kommt Angela Krauß dazu, eine wichtige Autorin, die klug über das Persönliche und das Gesellschaftliche nachdenkt und das in einer klaren, reichen Sprache, die das Lesen zur Freude macht. In vielen ihrer Bücher setzt sie sich sehr konkret mit der Zeitgeschichte ihrer Heimatlandschaft im Erzgebirge auseinander, stellt dies aber auch in größere Zusammenhänge. Mit ihr wird eine Persönlichkeit geehrt, deren literarisches Werk Ausstrahlung weit über Sachsen hinaus hat. Der Preis ist einerseits eine Ehrung und Ermutigung für die Preisträgerin, der ich dazu herzlich gratuliere und ihr viele weitere Erfolge in der literarischen Arbeit wünsche. Andererseits soll der Preis ganz generell die Aufmerksamkeit auf die sächsische Literatur richten.“
Der Preis ist mit einem Preisgeld von 10.000 Euro verbunden, das das Sächsische Kulturministerium zur Verfügung stellt. Die Preisverleihung fand am 25. Oktober im Alten Rathaus zu Leipzig statt. Die Laudatio hielt der Publizist Sebastian Kleinschmidt.
Der Sächsische Literaturpreis 2022 ging an den Schriftsteller Lukas Rietzschel. Das hat die Jury entschieden, der die Journalistinnen Katrin Wenzel und Karin Großmann (Juryvorsitzende), der Verleger Andreas Heidtmann, die Autorin Jayne-Ann Igel sowie der Germanist Frieder von Ammon angehörten. Zur Begründung hieß es:
„Wenn sich politische Verhältnisse ändern, hat das Folgen für die privaten Verhältnisse. Es entstehen Risse und Brüche, und dafür hat Lukas Rietzschel einen besonderen Nerv. In seinen Romanen und Theaterstücken erzählt er von Verwerfungen in den Biografien, von Verunsicherungen und verwüsteten Seelen. Wie ist das, wenn Menschen plötzlich den Boden unter den Füßen verlieren und herausgerissen werden aus allen vertrauten Verankerungen? Wie reagieren sie auf Verluste? Mit Verschweigen und Verdrängen? Und wie geht die nächste Generation damit um? Lukas Rietzschel gibt Antworten auf solche Fragen. Die sächsische Oberlausitz liefert ihm die Kulisse. Gleich der erste Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen“ erregte 2018 landesweit Aufmerksamkeit: eine brisante Familiengeschichte von Wendeverlierern und Rechtsradikalen. Damit kam ein frischer, zupackender und direkter Ton in die Literatur. Etliche Theater adaptierten den Stoff für die Bühne, die Verfilmung läuft. Mit dem Stück „Widerstand“, entstanden im Auftrag des Leipziger Schauspiels, und mit dem Roman „Raumfahrer“ setzt Lukas Rietzschel seine kritische Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Vergangenheit und Gegenwart fort. In öffentlichen Diskussionsforen ist er ein viel gefragter Autor, und auch mit Zeitungsbeiträgen mischt er sich in aktuelle Debatten ein: eine unüberhörbare, wichtige Stimme aus dem Osten.“
Die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch gratulierte Lukas Rietzschel mit folgenden Worten herzlich zu dieser Auszeichnung: "Herzlichen Glückwunsch an Lukas Rietzschel für den Sächsischen Literaturpreis 2022! Mit ihm wird ein weit über Sachsen hinaus wichtiger Autor der jüngeren Generation geehrt, der uns allen Fragen zu den gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte stellt. Nach der Lektüre seiner Romane ,Mit der Faust in die Welt schlagen‘ und ,Raumfahrer‘ verstehen wir besser, welche langfristigen Folgen der tiefgreifende Wandel nicht nur im Osten Deutschlands und nicht nur in den ländlichen Regionen für junge Leute, aber auch die älteren Generationen hat. Schonungslose Analyse geht einher mit literarischer Gestaltungskraft, der der Wille anzumerken ist, unsere Gesellschaft zu verbessern. mit Differenzierung und Gründlichkeit nimmt er seine Figuren ernst. Das macht es lohnend, sich mit ihnen und mit dem Werk von Lukas Rietzschel zu befassen, sei es im Buch oder auf den Theaterbühnen, wo der erste Roman schon mehrfach erfolgreich aufgeführt wurde."
Lukas Rietzschel wurde 1994 in Räckelwitz geboren und wuchs in Kamenz auf. Er studierte Politikwissenschaft, Germanistik und Kulturmanagement in Kassel und Zittau/Görlitz. Er debütierte 2018 mit dem Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen“. Im Herbst 2021 folgte der Roman „Raumfahrer“. 2023 ist Lukas Rietzschel Stipendiat der Villa Aurora in Los Angeles. Er lebt in Görlitz.
Die Preisverleihung fand am 6. Oktober im Kulturforum Görlitzer Synagoge statt. Die Laudatio hielt Jan Wiele, Literaturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Bisherige Preisträger*innen
- 2020: Daniela Krien
- 2018: Róža Domašcyna
- 2016: Franziska Gerstenberg
- 2014: Jan Kuhlbrodt
- 2012: Andreas Altmann
Sächsischer Literaturförderpreis
- 2010: Jens Wonneberger
- 2008: Undine Materni
- 2006: Thomas Böhme