Franziska Junge zeichnet Tagebuch wie Schriftsteller*innen eines schreiben.
2003 begann sie, auf einer großen Papierrolle jeden Tag ein einziges Bild zu zeichnen, das den Tag kurz zusammenfasst. Die schwarz-weißen Bilderfolgen erzählen keine einfache Story, sondern die zweieinhalbtausend Filzstift-Illustrationen spannen ein kolossales Panorama – riesige Geschichtenbögen: der Alltag einer jungen Frau zwischen Erwachsenwerden und Kinderkriegen, Reisen um die Welt und beruflicher Selbstverwirklichung. „Any Day Now“ ist eine Liebesgeschichte mit allen Reibungen zwischen Beruf und Kinderkriegen. Franziska Junge erzählt en passant von den Schwierigkeiten, als Künstlerin Fuß zu fassen – ein Geschäft, das nicht nur schlecht bezahlt, sondern oft sehr männlich dominiert ist. Zahlreiche Reisen z.B. nach Kairo und London beeinflussen ihr Bild von der Welt. In diesen Teilen des Tagebuchs werden die Zeichnungen zu grafischen Reisereportagen. Die Suche nach ihrer eigenen Formensprache ist zudem in den sich über die Jahre verändernden Zeichenstilen eingeschrieben. Mehrfach wechseln die Notizbuchformate. So werden im Verlauf dieser Sammlung die auf- und abbrandenden Ströme des Alltags sichtbar, Zeiten der Ausdehnung und Verdichtung, der Beschleunigung und des Ausgebremstseins. Die oft unbewussten, sonst kaum erinnerten Aspekte einer Biografie zeichnen sich eher zufällig auf – ein Seismograph für die Verschränkungen eines persönlichen Lebens mit den exemplarischen Facetten des Erwachsenwerdens von der Ausbildung bis zur Geburt eines Kindes. Es kann jederzeit so weit sein. Any day now. Das Buch ist Leipziger Verlag Trottoir Noir erschienen.
Franziska Junge wurde 1982 in Gera geboren. Sie hat an der Burg Giebichenstein in Halle und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert. Heute arbeitet sie als Illustratorin sehr viel mit anderen zusammen – zeichnet Bühnenbild-Projektionen am Theater, für Filme und Musikvideos. Sie lebt mit ihrer Familie in Leipzig.